Die verpflichtende Einführung des e-Rezepts? Kein Problem, wenn es nach der neuen Kurienführung der niedergelassenen Ärzte in NÖ geht. „Ich verstehe die große Aufregung draußen nicht“, erklärt Dr. Martina Hasenhündl, ihres Zeichens neue Kurienobfrau in NÖ. Mit „Draußen“ meint die Kurienobfrau die Ordinationen im niedergelassenen Bereich. Mutmaßlich.
Was die neue Kurienführung bei der Antrittspressekonferenz am 4. Mai vor Pressevertretern ausführt, gilt gegenüber Ärztevertretern auch noch eine Woche später. Keine Verschiebung des e-Rezepts. Sehr zum Missfallen vieler aus der Ärzteschaft. Hausarzt:konkret nimmt dies zum Anlass und verfasst einen „Offenen Brief“ an die Ärztekammer Österreich und Niederösterreich. Denn es zeichnen sich massive Probleme beim Handling zwischen Ordinationen und Apotheken ab. Zudem kommt, dass österreichweit 8.000 Lesegeräte in den Apotheken fehlen. Verfügbar ist diese Hardware voraussichtlich frühestens im Spätherbst 2022.
Rezeptverschreibung: Chaos von Frühling bis Spätherbst?
Das heißt, zwischen Juni und November könnte es in Sachen Rezeptverschreibung und Medikamentenabgabe zu chaotischen Zuständen kommen. Zulasten der Ordinationsmitarbeiter, des Apothekenpersonals und vor allem auch der Patienten. Besonders leidtragend: Schwerkranke und nicht mobile Menschen.
Verschieben oder nicht verschieben – das ist hier die Frage …
So manchen aus der Koalition der neuen Kammerführung ist bei der Sache nicht ganz wohl. Man äußert Unmut aber nur hinter vorgehaltener Hand. Selbst der neue Ärztekammerchef, Dr. Harald Schlögel, spricht intern von einer notwendigen Verschiebung des E-Rezepts. In einem Gespräch am 16. Mai äußert er sich allerdings in einem Telefonat dahingehend, wonach er mit einer termingerechten Einführung des E-Rezepts rechne (Update: 18.05.2022, WP) Ob er die Kurienführung der Niedergelassenen auch schon davon überzeugt hat, ist nicht überliefert.
Kurie delegiert Entscheidung an Apotheker
„Was die Apotheken für Probleme mit den (fehlenden) Lesegeräten haben, ist etwas, was wir hier nicht beantworten können und ist nicht unsere Aufgabe“, erklärt eine Stellvertreterin der Kurienobfrau bei der Antrittspressekonferenz Anfang Mai auf eine Frage eines Journalisten. Sie sehe unsere Ordinationen allerdings „gut gerüstet“.
Hasenhündl scheint sich eine Tür zum Ausstieg offen halten zu wollen. Sie „delegiert“ die Entscheidungsfindung jedoch an unerwartete Stelle: „Vielleicht erreichen die Apotheker, dass (die Einführung des E-Rezepts noch einmal) verschoben wird“, sagt sie vor versammelter Presse in der Ärztekammer NÖ in der Wiener Wipplingerstraße 4.
Apotheker: Stimmung am Kochen
Bei den Apothekern gibt es keinen Zweifel. Da ist intern die Stimmung bis zur Kammerspitze am Kochen. Der Ärger, das E-Rezept bereits vor Behebung aller Schwachstellen verpflichtend einzuführen, ist groß. Aber das ist eine andere Geschichte.
Hü-Hott aus Niederösterreich?
Entschieden muss die Sache letztlich auf Bundesebene werden. Dort richtet man sich mitunter durchaus nach den Bedürfnissen der Bundesländer und hört ihnen zu. Wenn das Bild allerdings nicht einheitlich ist, wenn also die Ärztekammer entgegen den Sorgen ihrer eigenen Klientel in die eine und die Apothekerkammer in die andere Richtung streben, wird es auch für den Bund schwer.
Siehe auch: Offener Brief an die Ärztekammer
(wp/13MAI2022)
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