Eine hohe Wahlbeteiligung bei der Ärztekammerwahl verschafft Legitimation und Glaubwürdigkeit bei Verhandlungspartnern! Dies wird für Verhandlungen des neuen Honorarkatalogs benötigt werden. Ebenso, wenn man für Gleichberechtigung bei Errichtung und Betrieb von Einzel- und Gruppenpraxen sowie Primärversorgungseinrichtungen (PVE) eintreten will. In Wien lag sie knapp über beschämenden 50 Prozent. In Niederösterreich bei der Wahl 2017 unter 50 Prozent! Wie hoch wird sie heuer sein?
Viele der Wahlberechtigten wissen oft nicht, wofür die Wahlwerber stehen. Die Interessen der Ärzteschaft wollen natürlich alle vertreten! Teilweise überschneiden sich die Themen. Manche Wahlwerber agieren im Wettbewerb aus einer fast trotzigen Protesthaltung gegen „die Kammer“. Mitunter auch Personen, die jahrelang in der Ärztekammer NÖ mitbestimmen konnten, viele Entscheidungen mittrugen und nun so tun, als seien sie nie dabei gewesen.
Fragwürdige Experimente
Einige Newcomer ohne Verhandlungserfahrung und ohne Kenntnis, wie komplexe Entscheidungsprozesse ablaufen, vermeinen, die Kammer „auf den Kopf stellen“ zu müssen, heißt es seitens Beobachtern. „Falls sie durch die Wählerschaft mit Mandaten ausgestattet werden, ist zu hoffen, dass sie nicht hart in der Realität aufschlagen und in weiterer Folge viel Schaden für die Ärzteschaft anrichten,“ fürchten Wohlmeinende in der Ärzteschaft. Man habe es nämlich jetzt schon schwer mit genug mit Verhandlungspartnern in Politik und Gesundheitswesen, lautet der Tenor mit dem Zusatz. Denn: „Experimente können wir uns keine leisten!“
Daher sei ein guter Mix aus Erfahrung und frischer, jugendlicher Dynamik das Mittel der Wahl. „Wir glauben, dass unsere Wahlplattform Die Niedergelassenen/IGmed/ARGUS/HAUSARZT:konkret genau das anbieten kann“, heißt es seitens Max Wudys, dem Spitzenkandidaten von Hausarzt:konkret. Zudem trage man dem steigenden Frauenanteil in der Medizin Rechnung.
Die Wege zum Ziel sind also unterschiedlich! „Eines ist klar: Wir müssen uns in Zukunft wieder mehr Gehör verschaffen! Dazu müssen wir zusammenhalten!“, so die Gruppe um Wudy.
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Im Folgenden eine Kurzbetrachtung der Wahlwerber – aus einer „subjektiven“ Sicht und Wahrnehmung.
1. Ärzteverband NÖ – Team Dr. Andreas Stippler
Dr. Stippler ist bereits seit vielen Jahren in der Kammer und ein erfahrener Funktionär. Seine Fraktion wird von der Kollegenschaft als durchaus bürgerlich wahrgenommen. Von dieser Liste gab es im Laufe der Vorbereitung auf die Ärztekammerwahl eine Abspaltung (siehe unten).
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2. #Reload/Hasenhündl und Co: Dr. Martina Hasenhündl ist langjährige Funktionärin der Ärztekammer und war bereits fünf Jahre Kurienobmannstellvertreterin der Niedergelassenenkurie. Sie hat die meisten Kammer-Beschlüsse in der Vergangenheit mitgetragen. Hasenhündl war „Parteigängerin“ auf der Liste des nun scheidenden NÖ-Ärztekammerchefs, Dr. Christoph Reisner,
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3. Leer: Gruppe kandidiert in dieser Sektion nicht.
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4. Die Niederglassenen/IGmed/ARGUS/HAUSARZT:konkret: Bunte Mischung, parteipolitisch unabhängig: Hausarzt Dr. Max Wudy und Chirurg Dr. Franz Svehla als kammererfahrene Spitzenkandidaten führen eine jüngere Truppe an, die auch der hohen Frauenrate in der Medizin Rechnung trägt. Man will „verändern was nötig und bewahren was gut ist“. Es wird Wert auf respektvollen Umgang mit Kollegen und Verhandlungspartnern gelegt!
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5. Leer: Gruppe kandidiert in dieser Sektion nicht.
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6. Plattform Freiwilligkeit: Dr. Oliver Rückert führt eine Gruppe an, die stark auf emotionale Konfrontation mit Kollegen und Verhandlungspartner setzt. Dies verunmögliche mitunter Konsensfindung und könnte sich negativ auf Verhandlungsergebnisse schlagen, heißt es seitens mancher aus der Ärzteschaft. Rückert kandidierte bereits bei der Wahl 2017.
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7. Liste Integrative Medizin (LIM): Setzt sich für Homöopathie in der Medizin ein. Bislang unauffällig. Steht teilweise im Widerspruch zu evidenzbasierten medizinischen Erkenntnissen.
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8. Gemeinsam Zukunft gestalten – Team Martina Dinhobl. Erstmaliges Antreten bei einer Kammerwahl. Spaltete sich nach Meinungsverschiedenheiten von Stipplers Ärzteverband ab, da ihr die Position als Spitzenkandidatin verwehrt blieb. Dr. Martina Dinhobl ist mit dem gleichnamigen ÖVP-Landtagsabgeordneten aus Wiener Neustadt verheiratet. Ihre ÖVP-Nähe wird von Teilen der Ärzteschaft als mögliche Bedrohung der Unabhängigkeit der Ärztekammer NÖ empfunden.
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9. MFG – Liste Horst Schuller: Impf- und Maßnahmengegner. Ambivalente Haltung zum gesetzlich verpflichtenden Wohlfahrtsfonds (WFF), der einen finanzielle Ausgleich der kargen ASVG-Pensionen garantiert. Als Interessensvertreter bisher nicht in Erscheinung getreten.
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Seitens aller Wahlwerber wird immer wieder dazu eingeladen, vom Stimmrecht Gebrauch zu machen, um der Interessensvertretung der Ärzteschaft mehr Gewicht zu verleihen.
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(Artikel wurde aktualisiert und erweitert/wp 22MAR2022)